Wir trinken gerne, keine Frage. Um das aber in vollen Zügen genießen zu können müssen wir auch das Essen schätzen. Mein Highlight was südafrikanische Küche betrifft ist da sehr einseitig, deswegen aber nicht minder deliziös. Es dreht sich alles nur um das Eine: Fleisch
Des Südafrikaners absolute Stärke liegt im braaien. Braai heißt direkt überstetzt „Griller“ und „grillen“. Hier wird der Braai jedoch ganzjährlich benutzt. Man kann sich dies als Feuerstelle vorstellen, die sowohl im Haus integriert ist, als auch als Griller im Garten steht. Es gibt in Südafrika, denke ich, kein Haus ohne Braai.

Um euch ein Gefühl davon zu geben, was so anders ist zwischen südafrikanischen und österreichischen Grillabenden, möchte ich euch das Ganze in einem Zeitraffer verbildlichen.
Einladung für einen Grillabend steht um 18:00 Uhr
18:00 Uhr
AT Die Gäste treffen ein und werden begrüßt. Zum Start wird meist Bier gereicht. Der Grill wird schon vorgeheizt und die Beilagen stehen griffbereit.
SA Die Gastgeber fangen langsam an die Beilagen zuzubereiten. Die Gäste kommen prinzipiell zu spät. Pünktliche Gäste werden misstrauisch beäugt und mit einem Bier ruhig gestellt.
19:00 Uhr
AT Der Grillmeister steht schon brav am Grill. Die Gäste fangen an sich zu platzieren. Es werden Salat und Kartoffeln gereicht. Der Großteil der Gäste bleibt beim Bier. Der Gastgeber teilt meist ein oder zwei Freunde ein, die ihm beim Servieren und Organisieren helfen.
SA Die Gäste treffen langsam ein. Sie bringen ihr eigenes Fleisch mit, das sie dem Braaimaster anvertrauen. Auch Wein wird selbst mitgenommen. Als Vorspeise werden Kartoffelchips gereicht. Es wird langsam auch an den Braai gedacht und ein Feuer gemacht.
20:00 Uhr
AT Das Fleisch wird serviert. Würstel, Käsekrainer, Rinderfilet & Spießchen. Für die Vegetarier gibt es Grillkäse und verschiedene Gemüse. Die Beilagen werden am Tisch herumgereicht. Der Gastgeber gibt Acht, dass noch alle zu trinken haben.
SA Es treffen weiterhin Gäste ein. Es ist ein großes Hallo und Tamtam. Die Gäste bedienen sich selbst an Getränken und Chips. Alles steht zum Selbstnehmen in der Mitte des Tisches. Hunger? Tut uns leid, die Glut ist noch nicht bereit.

21:00 Uhr
AT Die Teller werden abserviert. Der Tisch wird geräumt. Gäste sitzen zusammen und tratschen. „Weinsnobs“ steigen vielleicht sogar auf Wein um, der Rest bleibt beim Bier.
SA Jemand erbarmt sich einmal mit den Würsteln anzufangen (muss nicht unbedingt der Gastgeber sein). Aufgelegt wird die südafrikanische Spezialität Boerewors in verschiedenen Variationen. Diese Rinderwurst ist eine Spezialität des Landes und wird oft neben Koriander mit Fenchel oder Kümmel gewürzt. Die Gäste stehen immer noch glücklich quatschend zusammen. Nur Ausländern und Touristen knurrt schon der Bauch und sie schielen voller Erwartung zum Braai hinüber.

22:00 Uhr
AT Die Gruppe teilt sich schon etwas zwischen den „Heimgehern“ und „Sitzenbleibern“. Bei den „Sitzenbleibern“ wird langsam auf andere Getränke umgestiegen. Manchmal kommt noch was Süßes nach. Der Abend klingt langsam aus.
SA Die Boerewors wird serviert. Das funktioniert wie bei einem Catering. Jemand nimmt den Teller mit der Wurst und geht durch die stehende Gästemenge. Jeder der ein Stück will nimmt sich eines und isst es im Stehen. Wer zu langsam ist, den bestraft das Leben. Dazu wird weiterhin Wein getrunken. Die Wurst ist so eine Art Vorspeise. Jetzt fängt der Gastgeber erst an das Fleisch aufzulegen und Kartoffeln in die Kohle zu schmeißen.

23:00 Uhr
AT Die „Sitzenbleiber“ drehen die Musik nun etwas lauter. Es werden Knabbereien gereicht.
SA Das Fleisch ist fertig. Man isst es entweder wieder einfach im Stehen oder schnappt sich einen Teller vom Beilagentisch. Da kann man sich auch meist Salat und die Kartoffeln nehmen. Der Südafrikaner an sich hält jetzt aber nicht so große Stücke auf Beilagen. Serviert wird Huhn, Lammkeulen und Rinderfilet. Die Qualität des Fleisches ist hier prinzipiell sehr gut. Der absolute Hit in Südafrika ist jedoch das Lamm. Nirgends in Europa bekommt man diese Qualität zu diesem Preis. Dem richtigen Braaimaster anvertraut wird das Ergebnis noch jedes Sternerestaurant übertreffen.Vegetarier? Gibt es hier nicht. Meistens ist der Hunger jetzt jedoch sowieso schon vergangen und man isst nur noch, weil es so gut riecht.. und schmeckt.

24:00 Uhr
AT Was weiterhin passiert ist natürlich jetzt sehr von der Gruppe abhängig. Im Normalfall löst sich die Gruppe aber schön langsam auf.
SA Erst jetzt nach dem Essen können die Ersten nach Hause gehen. Der Rest bleibt bei lauter Musik und viel Wein noch etwas länger. Es wird getanzt und getrunken. Was dann passiert oder nicht ist natürlich auch von Gruppe zu Gruppe verschieden.
Die Moral von der Geschichte. In Südafrika steht das Zusammentreffen mit Freunden über dem Grillen. Wie man sieht, hat das Essen überhaupt keine Priorität bei diesen Grillabenden. Es kann sogar vorkommen, dass darauf vergessen wird und das Essen noch später serviert wird. Man ist sozusagen gezwungen, die Unterhaltung bis zum Servieren des ersten Ganges (Wurst) aufrecht zu erhalten. Ein frühes Nachhausegehen gibt es nicht, außer man möchte zu Hause noch etwas essen.
Was ich gelernt habe? Geduldig sein! Das Warten lohnt sich.
Aber, hey, keine Sorge, das Trinken kam nicht zu kurz.
Nur ein wirklich kleiner Auszug aus meinem Trinkprotokoll:
Shiraz 2014
FRAM, Swartland
Kühle Aromatik und schöne Würze. Ein leichtes Pfefferl gepaart mit eleganter Frucht.
Für das warme Swartland eine tolle Säure. Schönes Beispiel wie Shiraz in warmen Gegenden sein kann.
Chenin Blanc 2015
Intellego, Swartland
Ohne viel Schnickschnack. Ein toller ehrlicher Chenin. Kernobst unterstrichen von einer frischen Säure. Mag am Anfang etwas reduktiv rüberkommen, öffnet sich jedoch schnell und bringt ungemeines Trinkvergnügen.
Chenin Blanc 2015
Swerwer, Swartland
Ob als Speisenbegleiter oder als Trinkwein. Jasper Wickens Chenin Blanc ist ein Alleskönner. Wacholderbeere, Stachelbeere Fynbos und Birne. Leichte geröstete Nüsse aber nicht karamellig. Schöne Harmonie.
Sweet Cheeks 2015
Muscat Alexandrie
Testalonga, Swartland
Auf der Maische vergorener Muskat. Süße in der Nase. Überraschende Würze und Tanninstruktur am Gaumen mit erfrischender Säure. Jeder Schluck ein Erlebnis. Entwickelt sich weiter und soll doch nur ein einfacher Trinkwein sein. Toll.
Sirkel 2014
Pinotage
Scali, Paarl
Die feine parfümige Nase erinnert an die Eltern des Pinotage (Pinot Noir x Cinsault). Die erfrischende Säure lockert den Wein auf. Macht Spaß im Glas, auch ohne Partner, ist aber der perfekte Braai-Begleiter.
Haltet die Augen und Ohren offen. Aus Südafrika kommen eine Menge spannende Sachen in den kommenden Jahren, mal ganz vom Fleisch abgesehen. Aber dazu mehr beim nächsten Mal.